Dr. Heimeier Executive Search
Frauen in Top-Positionen im Mittelstand
22. Aug 22
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Dr. Matthias Mohr ist spezialisiert auf die Suche und Auswahl von Top-Führungskräften für mittelständische, international agierende Gesellschaften und Familienunternehmen.

Ich wurde kürzlich gefragt, wie groß die Bereitschaft von mittelständischen Unternehmen ist, Top-Positionen bzw. Aufsichtsratsgremien mit Frauen zu besetzen. Kein mittelständisches Unternehmen, welches ich kenne, würde den Standpunkt vertreten, wir machen das nicht. Und ich spüre schon, dass die Bereitschaft, Top-Positionen bzw. Aufsichtsgremien mit Frauen zu besetzen, in den letzten Jahren sehr stark gestiegen ist. Doch das eigentliche Ergebnis ist eben immer noch nicht so, wie es sein müsste. Dies hat mehrere Gründe.

Zum einen ist es im Mittelstand oft der Fall, dass, wenn die Top-Positionen oder Aufsichtsgremien von Frauen besetzt sind, diese auch aus der Familie oder aus dem Gesellschafterkreis stammen. Das heißt, zu einer Nachbesetzung von außen wird es so schnell nicht kommen.

Zum anderen gibt es in einigen Unternehmen noch die langjährigen, herangewachsenen Männerstrukturen, die es aufzubrechen gilt. Ich habe schon mehrmals den Satz gehört: „Herr Mohr, natürlich gehen wir offen ins Rennen, aber, ehrlich gesagt, eine Frau passt hier nicht ins Gefüge“. Das ist erschütternd, aber leider Tatsache. Da die Frauenquote im Mittelstand nicht existiert, sondern, im besten Fall, nur selbst auferlegt ist, wird es wohl noch einige Jahren dauern, bis die Schalter in den Köpfen der Männer umgelegt sind.

Vielversprechend und positiv zu bewerten sind in dieser Hinsicht jedoch die vielerorts bevorstehenden Generationswechsel und die damit einhergehende Offenheit bzw. zunehmende Bereitschaft zur Parität in Top-Positionen und Aufsichtsgremien. Dieses Signal ist deutlich zu spüren. Vor allem aber haben viele Frauen, die heute schon an der Unternehmensspitze stehen, mit ihren hervorragenden Leistungen gezeigt, dass Unternehmertum und Führungsqualität geschlechtsunabhängig sind. Das macht Mut und erhält meine vollste Unterstützung in der täglichen Arbeit, denn der Weg ist noch lang.

Qualifizierte Frauen sind da

Es wird gerne das Argument vorgebracht, es gäbe nicht genügend qualifizierte Frauen für die Besetzung von Top-Positionen. Das Argument kann man vorbringen, wobei das aber wieder die gewohnte „Abwehrhaltung“ bzw. „Entschuldigung“ wäre. Denn selbstverständlich gibt es genügend qualifizierte Frauen. Allerdings ist es leider so, dass es noch zu viele Frauen gibt, die ihren Hut erst gar nicht in den Ring werfen.

Die Gründe hierin liegen einerseits in der immer noch vorherrschenden Nichtvereinbarkeit von Beruf und Familie, vor allem, wenn beide Partner den Anspruch erheben, als Führungskraft und in Vollzeit erfolgreich zu sein. Da rührt sich in Deutschland viel zu wenig. Andere Länder sind uns meilenweit voraus.

Andererseits ist es nun einmal Fakt, dass es noch zu wenig Frauen gibt, die für technische Top-Positionen ausgebildet und qualifiziert sind. Bewerberinnen für eine CIO, COO oder CTO Position sehe ich vergleichsweise selten. Aber auch hier ist eine positive Entwicklung spürbar, denn durch die zunehmende Digitalisierung und die Selbstverständlichkeit, dass Technik nun mal ein integraler Bestandteil des modernen Lebens ist, schlagen immer mehr junge Frauen diesen Weg ein. Der Bildungsauftrag der Regierungen sollte da aber noch mehr mitgehen und Maßstäbe setzen. Das passiert in meiner Wahrnehmung noch zu wenig und unterfüttert somit den Stereotyp, dass Frauen besser für die „weicheren Themen“ im Berufsleben geeignet sind – wie z.B. Marketing oder HR.

Meetings in gemischten Teams sind effizienter

Besprechungen in reinen Männerrunden sind oft zu langatmig, zäh, detailversessen, auf die fast schon obsessive Einhaltung der TOPs fokussiert und somit teilweise wenig inspirierend. Nicht jeder Mann traut sich, in einem Männer Meeting auch mal auf Kreativität, Enthusiasmus und „out-of-the-box“ Denken zu setzen. Da fehlt dann der Mut oder es besteht die Angst, dass man als unbequem angesehen wird.

Sobald aber Frauen dabei sind, wird es dynamischer, offener, mitdenkender und positiv kritischer. Es wird dann mehr hinterfragt, auch mal Unbequemes angesprochen, eher über den Tellerrand geschaut und: die Meetings sind kürzer, weil es tendenziell kein „Schaulaufen“ gibt. Auch die Atmosphäre ist in der Regel anders: frischer, zielführender und weniger angespannt, eben, weil es weniger darum geht, wer der/die Größte ist, sondern vielmehr um die Inhalte. Ich schätze das sehr, weiß aber auch, dass ich mit meiner Einstellung manchmal alleine dastehe. Mich haben gemischte Runden bzw. die enge Zusammenarbeit mit Frauen ebenfalls erfolgreicher gemacht.

Kommunikationsfähigkeit hat nichts mit dem Geschlecht zu tun

Es gibt gleichermaßen Männer und Frauen, die es richtig draufhaben oder auch nicht. Allerdings kommunizieren weibliche Führungskräfte meiner Erfahrung nach ausgewogener, fokussierter, reflektierender und vor allem: sie hören in der Regel besser zu! Männer, gerade in Bewerbungsgesprächen, sind manchmal auf Autopilot geschaltet und verlieren sich in Details. Andererseits ist es eine Tatsache, dass sich viele Personen schwertun, sich selbst zu verkaufen – vor allem in einer Situation, die es erfordert, zu punkten. Aber auch das können Frauen meist besser, da sie sich nicht zu sehr um sich selbst drehen. Ich persönliche schätze es, wenn Führungskräfte ein wenig Demut vor ihrer Verantwortung an den Tag legen. Leider wird dies in Deutschland immer noch gerne als Schwäche ausgelegt, was bedrückend ist.

Geschrieben von

Dennis Greve
Düsseldorf
Seit 2021 geschäftsführender Gesellschafter von Dr. Heimeier Executive Search
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